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Legendäre Skitourentage im Martelltal

mit Heinz Reinhardt (20.-24. März 2024)

20.03.2024

Am Mittwochmorgen, mit dem ersten Vogelgezwitscher, trafen sich zehn ambitionierte Skitourenfans am P&R Berkheim um mit zwei Kleinbussen ins Martelltal aufzubrechen.

Natürlich verbrachten wir den angebrochenen Tag nicht nur mit der Anfahrt, nein, nach einer schnellen Kaffeerast in Pfunds und einem Blick an den wolkenlosen Himmel lenkten wir die Busse nach Rojen, um bei idealen Skitourenbedingungen die „Sonnenuhr“ zu begehen. Den „10er“ ließen wir links liegen, bestiegen dafür gleich den „11er“ um über den „12er“ dann die herrlichen Nordhänge rund 1000hm im milden Pulver und leichten Firn ins Rojental abzufahren- WOW!! 10 Herzen schlugen eine Oktave höher, zehn Mundwinkel gingen bis zu den Ohren!

Die idyllisch gelegene Pension Enzian im Parco Nationale Dello Stelvia am Bergweltende des Martelltales auf 2051m gelegen, erreichten wir über viele Serpentinen. Wir sind wirklich am Talende angelangt und von da an geht’s nur noch zu Fuß oder gar mit der Materialbahn auf die Zufall- bzw Martellerhütte.

NEEE – NEEE, um 06 Uhr gibt’s Frühstück und um 07 Uhr ab auf die Tourenski um die erste Tour, rauf auf die Madritschspitze (3265 m) zu begehen. Noch hält das Wetter, jedoch war uns das Martelltaler „Herrgöttle“ nicht ganz so gnädig mit Wind und Sicht- es zog von Norden her zu, sodass wir nach 900 hm die Tour abbrechen mussten und mehr nach Gefühl als nach Sicht in Richtung Tal abfuhren. Der Wind schaffte es jedoch uns nochmals eine Chance zu geben, so wurde ruck-zuck aufgefellt und ab, zum Cappuccino auf die Zufallhütte hoch-marschiert. Fünf von uns wollten sich noch für einen Besuch auf der Marteller Hütte anstrengen. Also, “aufi aufi Bua“… setzten wir noch einen Hochtalmarsch und weitern 300hm Anstieg auf letztlich 2610hm an.  Die Anstrengung hat sich gelohnt, ein anmutiger Blick über die Weite des Fürkele-Gletschers hinüber zur Zufallsspitze lässt einem schon ganz schön klein und dankbar werden. Nach dem Einkehrschwung ging es mit den unterschiedlichsten Schneebedingungen zurück ins Enzian.

Der Pensionswirt Günther zauberte uns jeden Abend ein leckeres 3-Gänge-Menue, klassisch italienisch- südtirolerisch. Einfach nur lecker (den Rest dürft ihr Euch jetzt denken!). Mariana, die „rechte Hand“ im Haus sorgte für volle Bier- und Weingläser (stopp—es gab auch Wasser, das stand aber in Karaffen allezeit auf dem Tisch). Vinschgerle mit Schinken und Käse, das war das Tourenvesper-Highlight- das half auf jeden der gigantischen Berge um uns herum. Marschtee schon abgefüllt? Ok, dann nur noch die Sonnencreme auflegen und die Sonnenbrille zurechtrücken. Freitag, heute geht’s auf die östliche Veneziaspitze, 3356 m, man nennt sie auch die 3. Veneziaspitze, demnach stehen noch 2 weitere davon daneben. Ja, die erste ist die Köllkuppe, 3330 m, die soll dann eventuell das Ziel vom Samstag sein. Von unserer Pension weg rüber zum Parkplatz, ging es dann auch schon links übers Brückchen in den lichten Lärchenwald. Die Sonne funkelte auf dem Schnee, Vogelgezwitscher hieß uns willkommen, ein Eichhörnchen sprang längs des Weges- was für eine Idylle, was für eine Ruhe. So schritten wir Skitouren-Lemminge dahin, bis wir merkten, dass wir doch etwas weit zu östlich sind. Egal, schließlich sind wir alle Spitzkehren-Meister. Mit gefühlt 30 Kehren in 30-40° steilem Harsch erreichten wir den ersten Sattel, um dann in die schmalere Steilstelle einzusteigen. Harscheisen sind eine geniale Erfindung- ohne diese hätten wir schon ganz schön „gekratzt“. Uila, was eröffnete sich für ein Gletscheranblick – nun in westliche Richtung gequert hoch Richtung Venezia. Die letzten Höhenmeter waren nur noch mit den Tourenstiefeln erreichbar. Ein grandioser 360°-Ausblick, Richtung Brenta im Süd-Osten, Richtung Cevedale im Süd-Westen, Richtung Königsspitze im Nord-Westen, Richtung Osten in die Dolomiten kann es was Schöneres geben? Ja, nach einer kurzen Abfahrt toppten wir die Rundumsicht mit der Hinteren Schranspitze- wir sind nun auf 3357 m Höhe nach einem 1500 hm Aufstieg. Und das dürfen wir nun alles Abfahren? WOW. zwar fehlte der Traumpulver wie vor 8 Jahren, jedoch fanden wir neben etwas Pulver auch Hanglängen von feinem Firn. Der Lärchenwald war dann für uns spielerisch fahrbar, musig – sulzig, verspielt hügelig, bis wir am Paradiso „Denkmal“ wieder alle heil zurück waren. DANKE Heinz, für diese tolle Tour! Das ist ja nicht mehr zu toppen!! Leider änderte sich auch der Wetterbericht – Wind, Temperaturabfall, Schneefall. Was können wir damit erobern?  Den Cevedale, was wir mal angedacht haben, schlugen wir dann endgültig aus dem Programm. Die Prognosen sind einfach zu instabil. So streben wir die Köllkuppe an, was wir auch bis zur Gletscherfläche schafften, bis uns dann der starke Wind zur Umkehr „blies“. Der Himmel graute ein, ein Drink auf der Zufallshütte war uns noch gegönnt, bis wir letztlich am Enzian waren. So fing es dann auch alsbald zu schneien an. Können wir nun auf Sonntag mit Powder rechnen? Nicht ganz, 2 h später klarte es wieder auf und wir vertraten uns noch die Turnschuhe rund ums Haus. Ja, morgen können wir der Empfehlung vom Hüttenwirt folgen und den „39iger“ Weg Richtung Kalfanwand nehmen. Das sind 1000 hm und schnell mal machbar, bevor wir dann wieder Richtung Oberschwaben aufbrechen. Also wieder um 6 Uhr frühstücken und um 7 Uhr loslaufen: Siggi, unser „Wetterbeauftragter“ hatte die genauste Prognose von unseren vielen Wetter-Apps. So können wir bis etwa 09:47 aufsteigen, bis der Wind so auffrischt, dass auch die aufziehenden Wolken uns Wärme und Sicht rauben. Kommando Abfellen und die Abfahrt antreten- so waren es zwar nur 500 hm, jedoch diese bei noch guter Sicht. Diese war auch nötig, denn viele Kiefern versperrten uns Genussschwünge bis ins Tal. Gott sei Dank, keiner von uns nahm eine zum Bremsen. So kamen wir alle gesund, erfüllt von herrlichen 5 Skitouren, mega zufrieden bei Günther an. Wir durften uns noch umziehen, in Ruhe die Autos packen, den letzten Cappuccino genießen, bevor wir dann etwas wehmütig die Heimfahrt starteten.  Wie grün ist das Vinschgau, schaut mal, die vielen Spalier-Bäume schlagen schon aus, wie gelb blühen die Forsythien? Aus der weißen Herrlichkeit fängt sich das Auge den Frühling ein. „Lasst uns noch in Oy-Mittelberg ins Cafe Gebath gehen, um Tschüss zu sagen“, bevor wir dann alle erfüllt zu Hause in unseren privaten Frühling starten. Berg heil- Ski heil – und frohe Ostern!

Danke sagen die Skitouren-Crew von Heinz: Stefan, Thomas, Siggi, Hans, Jörg, Timo, Rudi, Friedemann und der Neuzugang „Blumenhäfele“ Antje – wann erobern wir wieder die weiße Bergwelt zusammen?

Antje Schaupp